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Marathon mit Diabetes Typ 1 – Mein Trainingsupdate

Ja, ich habe es gewagt! Ich habe mich für einen Marathon angemeldet. Trotz oder gerade wegen meines Typ-1-Diabetes. In wenigen Wochen ist es soweit. Hier lest ihr mein Trainingsupdate – und warum alles ganz anders läuft, als ich gedacht habe. 

Diabetes ist schon eine komische Krankheit. Da denkt man, man kennt alle Facetten im Management eines fehlenden Organs, und dann entdecke ich meinen Diabetes doch noch einmal ganz neu. Warum? Ich habe mich für einen Marathon angemeldet. Am 26. März laufe ich den ADAC Marathon in Hannover. Dafür trainiere ich nun seit einigen Wochen und es stellt sich heraus, das Training läuft ganz anders als ich gedacht habe.

1. Muss ich beim Marathon-Training mit Diabetes unheimlich viel Essen?

Ich hatte immer Angst auf einen Marathon hinzutrainieren. Der Grund war, dass ich fest davon ausgegangen bin, dass ich während der langen Läufe unheimlich viel essen muss. Schließlich muss ich ja dank Diabetes meinen Blutzucker immer auf einem guten Level halten. Die Muskeln verbrennen aber den Zucker in meiner Blutbahn während ich laufe. Der Blutzuckerspiegel sinkt also, da ich ja mein Basalinsulin im Blut habe. (Ich bin Penner – ich spritze mein Basalinsulin also morgens und abends. Diabetiker:innen mit Pumple können das genauer justieren.)

Um zu verhindern, dass mein Zucker also zu stark absinkt, muss ich vor, während und nach dem Laufen Kohlenhydrate zu mir nehmen. Das war, seit ich mit dem Laufen angefangen habe, immer eine Herausforderung, das richtige Timing zu finden. Irgendwann während des Trainings für meinen Halbmarathon hatte ich den Dreh raus. Und so dachte ich, wenn ich nun für einen Marathon trainiere, muss ich einfach die gleiche Menge Kohlenhydrate essen wie beim Halbmarathon-Training, plus die Kohlenhydrate für die Zeit, die ich länger laufe. Meiner Diabetes hat da aber andere Ideen.

Es stellt sich heraus, dass ich bei meinem Marathon Training mit Diabetes viel weniger Kohlenhydrate benötige, als ich angenommen habe. Bei mir ist ein interessanter Effekt aufgetreten: Je mehr ich trainiert habe, desto weniger Kohlenhydrate brauchte ich. Typ-1-Diabetes steckt voller Überraschungen. Es ist, als ob meine Muskeln effizienter geworden wären. Ich muss vor, während und nach dem Laufen viel weniger Zucker nachlegen. Das heißt natürlich nicht, dass ich nichts esse. Ich esse immer noch 2 Kohlenhydrateinheiten (KE) vor dem Laufen. Während ich laufe, lege ich etwa jede Stunde etwa 1 bis 2 KE nach, um meinen Blutzucker in einem guten Rahmen zu halten. 

Wer mir den Effekt erklären kann, möge sich bitte bei mir melden. Ich bin jedenfalls sehr froh, dass ich trotz Typ-1-Diabetes nicht unheimlich viel während des Marathon-Trainings essen muss, sondern kaum mehr zu mir nehme als ein:e “normaler” Marathonläufer:in.

Vorsicht bei Marathon Training im Winter: Das Wasser kann in den Flaschen gefrieren.

2. Die mentale Seite des Marathon-Trainings mit Diabetes

Stell dir vor, du bist allein in der freien Natur. Du verausgabst dich. In deiner Laufweste sind zwar ein paar Zuckervorräte und Wasser, aber du bist auch 15 Kilometer von Zuhause entfernt. Wenn jetzt dein Blutzucker abrutscht, dann hast du wirklich ein Problem. Hoffentlich ist dann ein Kiosk, ein Kaugummi-Automat, oder ein netter Mensch mit Süßigkeiten in der Tasche in deiner Nähe. Darauf willst du es natürlich nicht ankommen lassen! Aber der Gedanke daran verursacht Stress.

Diese Seite des Marathon-Trainings mit Diabetes hatte ich vorher nicht auf dem Schirm. Beim “langen Lauf”, also den sehr langen Einheiten von 30 Kilometern oder länger, begleitet mich aber ein komisches Bauchgefühl. Natürlich habe ich immer ausreichend Verpflegung dabei, aber beim Diabetes weiß man ja nie. Es gibt aber ein paar Dinge, die mir dabei helfen.

  • Steigerung: Ich habe meine langen Läufe langsam gesteigert. Schon im letzten Jahr im Halbmarathon Training habe ich die Strecken langsam ausgebaut. Ich habe mich der Belastung also langsam genähert und ein Gefühl dafür entwickelt.
  • Routine: Während ich 15 Kilometer von Zuhause entfernt bin und bang auf meinen Blutzucker blicke, weiß ich: Das habe ich schon dutzende Male gemacht. Das gibt mir dann doch Vertrauen in meine Fähigkeit, meinen Diabetes während des Laufens im Griff zu halten.
  • Puffer: Ich habe immer mehr Zucker dabei, als unbedingt nötig. Selbst wenn es einmal kritisch wird, habe ich genug Zucker bei mir, um mich aus einer kritischen Situation zu retten. Außerdem versuche ich, meinen Blutzucker eher höher zu halten als im Alltag. Also lieber auf Nummer Sicher gehen, als einen Hypo zu riskieren.

Der Afterburn-Effekt nach harten Einheiten im Marathontraining

Der Afterburn-Effekt ist ein bekanntes Phänomen im Diabetesmanagement. Wenn deine Muskeln viel zu tun haben, verbrauchen sie nicht nur den Zucker in deiner Blutbahn, sondern holen sich auch Futter aus den Glucose-Speichern in deinen Muskeln. Wenn du nun eine sehr harte Einheit gelaufen bist, einen langen Lauf oder Intervalle, dann füllt dein Körper diese Speicher nachts wieder auf. Für dich als Diabetiker:in heißt das: Du brauchst nachts (vielleicht) weniger Insulin.

Bei mir ist es so, dass ich abends nach einem langen Lauf mein Bolus-Insulin zur Mahlzeit reduziere. Früher habe ich manchmal auch die Basalrate reduzieren müssen, die ich mir abends spritze. Aktuell muss ich das aber nicht machen. Behalte also genau im Blick, was dein Zucker nachts so macht. Ich habe am Anfang direkt morgens auf den Graphen von meinem Dexcom geschaut, wie mein Blutzucker-Verlauf nachts war, und ob ich etwas anpassen muss.

Marathontraining mit Typ 1 Diabetes funktioniert – aber mit Hindernissen

Mit richtiger Vorbereitung macht auch Marathon-Training mit Typ-1-Diabetes Spaß 😉

Früher habe ich echt Schiss vor dem Schritt zum Marathon gehabt. Ich habe allen gesagt, dass ich beim Halbmarathon bleibe. Das wäre ja auch gut und da kenne ich mich aus. Nach 9 Wochen Marathontraining mit Diabetes kann ich sagen: Es ist nicht so kompliziert, wie ich gedacht habe. Natürlich musste ich wieder viel experimentieren. Ausprobieren, wie sich mein Diabetes bei sehr langen Läufen verhält, wie sich mein Körper anpasst.

Aber am Ende kann ich jeder Diabetikerin und jedem Diabetiker mit Typ 1 und Marathon-Ambitionen nur sagen: Probiert es aus, traut euch, und lauft so weit euch die Füße tragen!

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