Typ-1 Diabetiker und Diabetikerinnen sind heute mit der tollsten Technik ausgestattet. Ein Leben mit Diabetes und ohne CGM kann ich mir nicht vorstellen. Trotzdem halte ich es für wichtig, auf den eigenen Körper zu hören. Es gibt Situationen, in denen ich die Signale ernster nehme als meinen Dexcom.
Leben wir nicht in großartigen Zeiten? Vor 100 Jahren war Diabetes ein Todesurteil. Heute gibt es Sensoren, die an unserem Körper sitzen, Blutzucker messen und auf magische Weise mit Supercomputern in unserer Hosentasche kommunizieren. Was wäre das Leben mit Diabetes ohne die Dexcoms, FreeStyle Libre und welche CGMs es noch da draußen gibt? Ich bin mehr als dankbar in dieser Zeit geboren zu sein, in der die Technik mich so großartig bei meinem Diabetes-Management unterstützt.
Die ständige Verfügbarkeit von Messwerten verführt jedoch auch dazu, sich voll auf die Technik zu verlassen. Zwar habe ich meinen Dexcom jeden Tag, 24 Stunden am Körper – aber es gibt Momente, an denen ich, weiß, dass mein Körpergefühl schlauer ist, als der Sensor.
Dexcom-Wert bei 90, aber die Hände zittern
Erst letztens stand ich morgens nach dem Frühstück am Waschbecken und greife mit zitternden Händen zur Zahnbürste, mir ist leicht schummrig und unwohl: bei mir klare Zeichen für einen Unterzucker. Der Dexcom steht aber tapfer bei einem wunderbaren Wert von vielleicht 90. In dem Moment hätte ich sagen können: „Naja, dann bilde ich mir das wohl ein. Der Sensorwert des CGM ist ja okay.“ Stattdessen greife ich dann doch zu Traubenzucker und Blutzuckermessgerät und siehe da mein Wert ist bereits unter 70 angekommen. Also heißt es Zucker einwerfen und das Zähneputzen muss warten. Danke Diabetes.
Auch ein Dexcom-CGM, ein Wunderwerk der Technik, hat seine Macken. In dem Moment war der Sensor nicht richtig kalibriert. Manchmal habe ich auch zu wenig getrunken, und mein Sensorfaden vom CGM schwimmt nicht gut. In dem Fall hat mich mein Körpergefühl vor einem schlimmeren Unterzucker bewahrt – was großartig ist! Das heißt nämlich, dass mein natürlicher Alarm funktioniert, und mich warnt, auch wenn der Dexcom-Alarm mich einmal nicht anpiept.
Laufen und Diabetes: Zucker zu schnell für den Dexcom
Ein anderer Fall ist bei mir das Laufen mit Diabetes. Natürlich achte ich vor dem Start darauf, dass mein Blutzucker in einem guten Bereich ist. Wie schon an anderer Stelle beschrieben esse ich vor dem Lauf etwas – je nach Länge des Laufs kann das eine Banane oder auch ein ganzes Porridge sein. Meistens warte ich dann, dass der Blutzuckerwert steigt bevor ich loslaufe. Manchmal dauert mir das aber auch zu lange. Wenn ich weiß, dass ich gerade eine gehörige Menge Kohlenhydrate gegessen habe, dann warte ich nicht darauf, dass der Sensor mir das bestätigt. Schließlich muss ja auch der Zucker erst in meiner Gewebeflüssigkeit, wo das CGM misst ankommen. Ich laufe also los, und mein Bauchgefühl sagt mir: „Hier wird gerade noch Banane verdaut. Der Zucker kommt schon gleich an.“
Andersherum achte ich jedoch auch beim Lauf auf meinen Blutzuckerwert. Bei Strecken über einer halben Stunde lege ich Zucker während des Laufens nach. Die Muskeln brauchen schließlich Nahrung. Meistens esse ich zwei Traubenzucker, ohne auch nur stehen zu bleiben. Das staubt ein bisschen im Mund, aber bisher war das Schlimmste, was bisher passiert ist, ist ein kleiner Hustenanfall.
Aber wie es nun einmal so ist, kommt der Zucker erst verzögert bei meinem CGM an. Mein Dexcom denkt also vielleicht: „Alarm! Der Blutzucker stürzt ab!“ Während mein Blutzucker tatsächlich schon wieder auf dem Weg nach oben ist. Da gehört viel In-Sich-Hinein-Horchen dazu: Ich will natürlich kein Risiko eingehen, und unterzuckern; andererseits weiß ich halt, dass Zucker im System ist. Für mich ist die hohe Kunst, beim Laufen den Zucker nicht nur stabil zu halten, sondern sogar leicht zum Steigen zu bringen. Aber im vollen Bewusstsein, dass mein CGM den Zucker später bemerkt, als mein Körper.
Fazit: Dexcom ist schlau, der Körper ist schlauer
Ja die Euphorie über die technischen Möglichkeiten für Diabetiker ist zu 100 Prozent gerechtfertigt. CGMs, Pumpen und Co, machen uns das Leben verdammt noch mal einfacher. Aber dennoch gibt es Momente, in denen man die Daten, Daten lassen sein muss, und auf den Körper hören. Messgeräte können fehlerhaft sein, oder einfach nur träge reagieren. Der Wert in der Gewebeflüssigkeit, den der Dexcom misst, ist immer verzögert und nicht 1 zu 1 auf den Blutzuckerwert übertragbar. Deshalb lohnt es sich, seinen Diabetes kennenzulernen. Es hilft dir, zu experimentieren, um zu wissen, wann er dich ärgert, und wann er sich auch auf Herausforderungen einlässt. Dann weißt du auch, wann er dazu neigt, Blödsinn zu machen, oder das CGM austrickst. Und dazu gehört auch: Sich dem Körper und seiner Signale bewusst sein, und auch auf ihn zu hören. Nicht erst, wenn der Sensor-Alarm klingelt.
Gestern Halbmarathon gelaufen, Zucker dabei von 300 scheinbar innerhalb von 5 min auf 50 gerast – laut meinem FreeStyle zumindest. Mega guter Hinweis also von dir, dass das Körpergefühl manchmal schneller ist als die Sensoren! Nehm ich mir fürs nächste Mal zu Herzen!
PS: Und generell Hammer-Blog, gerade erst entdeckt und sehr happy darüber, merci