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Ein Langstreckenflug mit Diabetes – Mit Typ-1 nach Kanada

Mit dem Flugzeug nach Kanada mit Diabetes im Gepäck. Ich habe mir dieses Jahr den Traum eines Kanada-Urlaubs erfüllt. Und mich gleichzeitig auf den ersten Langstreckenflug mit Diabetes eingelassen. Es stellt sich heraus: Alles eine Frage des Timings

Unendliche Wälder, riesige Seen und wilde Tiere in freier Wildbahn – im Sommer 2023 durfte ich mir gemeinsam mit meiner Frau den Traum von Kanada erfüllen. Drei Wochen Roadtrip von der Küste Vancouvers bis in die von Gletschern und Felswänden geprägten Wälder rund um den Banff-National-Park. Ich kann dir sagen: Es ist eine Traumreise, die ich jedem empfehlen kann. Aber das erste Abenteuer war mein erster Langstreckenflug mit Diabetes. Das heißt: Viele Stunden Flug ohne Bewegung und mit unvorhersehbarem Essen. Kann das gut gehen?

Was packe ich für einen Langstreckenflug mit Diabetes ein?

Was ich natürlich nicht wollte, während der langen Reise: Einen fiesen Unterzucker oder einen Überzucker, den ich nicht mehr runter bekomme. Hier also das Handgepäck: Gegen den Unterzucker nehme ich natürlich viele Snacks mit 🙂 Ein paar Riegel, ein paar Packen Traubenzucker, man weiß ja nie, wann der Unterzucker kommt. Und natürlich Insulin, in meinem Fall Langzeit- und Kurzzeit-Insulin. Beides in doppelter Ausführung. Und natürlich einen Ersatzsensor von meinem Dexcom. Es kann ja immer sein, dass das CGM ausfällt. Außerdem habe ich noch einen kleinen Zettel von meiner Diabetologin, dass ich alle Medikamente mitnehmen darf, falls es doch mal Ärger mit der Flughafen-Security gibt. Ist mir jedoch noch nie passiert.

Im Reisegepäck hatte ich für drei Wochen Urlaub fünf weitere Insulin-Pens von jeder Sorte dabei. Eigentlich viel zu viel – aber ich habe mir gedacht: Better safe than sorry. Dazu noch drei weitere Dexcoms, falls sie ihre Laufzeit nicht durchhalten.

Noch mal als Checkliste.

Handgepäck für einen Langstreckenflug mit Diabetes 

  • Insulin-Pens
  • Ersatz-Pens
  • Ersatz-Sensor
  • Traubenzucker
  • Müsli-Riegel
  • Betätigung vom Arzt oder Ärztin, dass ihr euer Equipment mitnehmen dürft

Und ins Reisegepäck:

  • Noch mehr Ersatz-Pens 🙂
  • Weitere Sensoren
  • Noch mehr Snacks für die ersten Tage

Wie nehme ich Langzeit-Insulin auf einem Langstreckenflug mit Diabetes?

Unser Flug ging sehr früh. Wir sind von Berlin nach Amsterdam geflogen und von dort aus weiter Richtung Nordamerika. Am Abend vorher habe ich also ganz normal mein Langzeitinsulin genommen und habe versucht, die Vorfreude auszuhalten und ein paar Stündchen zu schlafen. Um vier Uhr morgens kam das Taxi. Uff. Als wir schließlich in Amsterdam waren, hatten wir einiges Zeit zum Umsteigen. Das haben wir zum Frühstücken genutzt. Es war also etwa acht Uhr morgens – also ein guter Zeitpunkt um meine morgendliche Dosis Langzeit-Insulin zu nehmen. 

Und dann habe ich mir einen Timer gestellt.

Da wir dann ja in den Flieger gestiegen sind und durch neun Zeitzonen jetten, wäre es sehr schwer gewesen, die Zeit im Blick zu behalten. Also stelle ich mir einen Timer auf dem Handy auf zwölf Stunden. Dann weiß ich genau, es sind zwölf Stunden vergangen und es ist Zeit für die nächste Dosis Langzeit-Insulin. Egal, wie spät es gerade in meiner Zeitzone ist – ich weiß genau, woran ich bin. Die Methode hat tatsächlich ziemlich gut und ohne Probleme funktioniert. Das würde ich nächstes mal wieder so machen.

Was nehme ich für einen Bolus für das Flugzeug-Essen auf Langstreckenflug mit Diabetes?

Im Englischen gibt es eine wunderschöne Wortschöpfung: “guesstimate” – eine Mischung aus “guess” also raten und “estimate” also schätzen. Viele Diabetiker:innen nutzen es gerne für das Schätzen von Kohlenhydraten in Essen, welches sie nicht selbst zubereitet haben. Man könnte es auch als “über den Daumen peilen” bezeichnen. Ich glaube ja, das ist eine hohe Kunst, die wir alle ohne funktionierende Bauchspeicheldrüse regelmäßig trainieren sollten.

Ich bin inzwischen ganz gut darin, einen Teller Nudeln, ein Sandwich oder ein Stück Kuchen anzuschauen und die Kohlenhydrateinheiten (KE) in der Portion einzuschätzen. Als ich also das Flugzeugessen vor mir hatte, habe ich es ein wenig inspiziert und über den Daumen gepeilt. Ich kalkuliere in so einem Fall lieber ein paar mehr KE.

Mir ist es in so einer Situation lieber, dass mein Blutzucker etwas abfällt, als dass er zu sehr in die Höhe rauscht. Einen Unterzucker kann ich einfach mit Snacks und Zucker abwenden. Ein Hyper muss ich hingegen mit Insulin kontern, was immer seine Zeit dauert – insbesondere wenn ich mich nicht bewegen kann. Ich bin schließlich mehr oder minder an den Flugzeugsitz gefesselt. Im Optimalfall muss ich natürlich weder das eine noch das andere machen.

Eine Herausforderung oder eine Übung in stoischer Selbstdisziplin ist der Spritz-Ess-Abstand. Ich habe immer erst meinen Bolus gespritzt, wenn das Essen vor mir stand. Also versuche ich mindestens 15 Minuten durchzuhalten, bis ich den ersten Bissen nehme. Das Essen bleibt zum Glück länger warm, da es ordentlich in Alufolie eingepackt ist. 

Zu sehen ist der Graph vom Dexcom CGM während eines Langstreckenflug mit Diabetes
Auf die Kurve bei meinem ersten Langstreckenflug mit Diabetes war ich schon ziemlich stolz 🙂

Keine Angst vorm Langstreckenflug mit Diabetes

Alles in allem sind sowohl Hin- als auch Rückflug ziemlich gut verlaufen. Meine Time-In-Range war zumindest nicht außergewöhnlich. Mit etwas Vorbereitung ist man schnell für alle Eventualitäten gewappnet. Wer achtsam mit seinem Diabetes-Management umgeht, hat eigentlich nichts zu befürchten. Den Trick mit dem Timer, um die Zeit beim Langzeit-Insulin einzuhalten, kann ich nur empfehlen. 

Jetzt bist du dran! Wie war dein erster Langstreckenflug mit Diabetes? Und hast du Tipps und Tricks, die das Leben auf einem Langstreckenflug mit Diabetes einfacher machen?

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